Samstag, 19. Juni 2010

Periphery: Periphery

Metalbands gibt es wie Sand am Meer. Schwer genug den Überblick zu behalten, für Fans und Bands. Nun versucht "Periphery" ihr Glück. Unlängst haben sie ihr gleichnamiges Debüt veröffentlicht. Was für Musik erwartet den geneigten Hörer? 

Innerhalb des schier unübersichtlichen Meeres aus aggressiv rockenden Gruppen heraus zu ragen ist keine leichte Sache. Auch für "Periphery" nicht. Deswegen versuchen sie möglichst progressiv und abwechslungsreich zu klingen. Da werden pro Stück gleich drei unterschiedliche Stile und Songs rein gepackt. Ist auch nicht schlimm, weil "Between The Buried And Me" und andere Gruppen das auch machen. Aber "Periphery" machen einen Fehler. Sie knüpfen die lose aneinander gelegten Fäden nicht zusammen. Dadurch wirkt die heftig dröhnende Musik zusammenhanglos. In Sachen Harmonien und Riffs unterscheidet sich "Periphery" nicht besonders groß von "Mnemic" und "Meshuggah". Das macht die Musik und somit auch das Album austauschbar. Auch wenn "Periphery" alles etwas anders machen. In der Regel klingt das vorliegende Debüt zu sehr nach Meshuggah. 

Dem Sänger fehlt die gehörige Portion Druck in der Kehle, um wirklich krank zu klingen Wenn er dann seine klare Stimme auspackt muss er zum Harmonizer greifen. Also das Ding, was amerikanische R'n'B- und Boygroup-Stars verwenden, das die klare Stimme so komisch verzerren lässt. Wenn er dann doch mit seiner echten Stimme um sich wirft, hat man den Eindruck, dass er manchmal die Töne nicht richtig trifft. Oder sie so rauspresst, dass nur komische kehlige Laute anklingen, die vor allem nerven. Und was sollen die elektronischen Klänge, die ich eher bei Björk und Co. hören will, aber nicht bei einer Metalband? 

Ich persönlich weiß nicht, ob das Album in zwei bis drei Jahren noch jemand anpackt. "Periphery" beweisen zwar eindrucksvoll, dass sie etwas von ihrem Handwerk verstehen. Aber sie stehen noch zu sehr unter der Fuchtel der Nachahmerei. Und das, was sie anders angehen wie ihre Vorbilder von "Meshuggah", lässt die Scheibe auch nicht überzeugend im Licht der Kritik und Skepsis aussehen. Schade um die Zeit, um das Geld und so vieles mehr. Da nützt auch der sehr gute Sound nichts.

Album: Periphery
VÖ: Bereits erschienen
Label: Roadrunner Records

Ozzy Osbourne: Scream

John ist schon immer der Entertainer gewesen. Ob in der Kneipe oder auf der Bühne; John Michael Osbourne zieht immer alle Blicke auf sich. Und weil John immer so ein lässiger und lustiger Knabe war, bekam er den Spitznamen "Ozzy". Und Ozzy Osbourne macht seit den späten Sechzigern Musik. Dunkle Musik, wie eh und je. "Scream" heißt sein neues Werk, das am 18. Juni in die deutschen Kaufhäuser gestellt wurde.

Mit der britischen Schwermetallband Black Sabbath konnte Ozzy Osbourne dem tristen Industriealltag aus Kneipe, Knast und Gelegenheitsjobs entfliehen. Mit Toni Iommi, Geezer Butler und Bill Ward eroberte Ozzy die Musikwelt mit dem neuartigen Klang aus Blues, Rock und schweren Gitarren. So schwer, dass die Band als Initiator des "Heavy Metal" gilt und für viele heutige Bands immer noch Vorbild ist.

Nach vielen Erfolgsalben, noch mehr Drogen und Alkohol war für Ozzy Ende der Siebziger der Ofen aus bei Black Sabbath. Er musste den Platz am Mikroständer dem inzwischen an Magenkrebs verstorbenen Ausnahmesänger Ronnie James Dio räumen. Seitdem macht Ozzy Osbourne sich als Solosänger einen Namen. Und das macht er seit 1980 äußerst erfolgreich. Alben wie "Blizzard Of Ozz", "Diary Of A Madman" und "No More Tears" gelten noch heute als Klassiker. Selbst der "Madman" und "Prince Of Darkness" hat manchmal Mühe, an diese Scheiben heran zu reichen. Doch irgendwie schafft das ewige Stehaufmännchen des Rock'n'Roll seine Fans mit seinen Werken zu überzeugen. Ob an seinem neuesten Werk "Scream" etwas dran ist?

Als Einstand für seinen neuen Silberling hat sich Ozzy schon mal in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett gesetzt und fleißig Leute erschreckt. Mit dem kindischen Spaß brachte er viele Leute zum Schreien. "Scream" heißt auch sein neues Werk. "Soul Sucka" sollte es ursprünglich heißen. Aber die Fans empfanden es wohl zu einfallslos. Doch der Track ist immerhin noch als Überbleibsel für dieses Namensvorhaben übrig. Aber wie ist die Musik von "Scream"?

Nach 1995 und dem Überwerk "Ozzmosis" ist 2010 wieder einmal Zakk Wylde nicht mehr dabei. Da Zakk in den letzten Jahren maßgeblich am Songwriting von Ozzys Alben beteiligt war und er es diesmal nicht ist, sind natürlich alle gespannt, wie das Ergebnis klingen wird. Egal, was man von "Black Rain" und "Down To Earth" halten mag.

Schon beim Einstieg "Let It Die" pumpt der Bass ordentlich in die Magengegend. Darin zählt Ozzy all die Attribute auf, die für ihn zutreffen. Zumindest das Bild, was durch ihn und durch die Medien vermittelt wird. "Let it die" ist sein abschließendes Fazit bei diesem eingängigen Ohrwurm, der auch auf "Ozzmosis" oder "No More Tears" Platz gefunden hätte. Auch bei "Let Me Hear You Scream" geht der alte Mann ganz jugendlich ran, als wären die letzten zwanzig Jahre von "No Rest For The Wicked" und "No More Tears" erst vorgestern geschehen. Soll heißen, Ozzy klingt frischer und feuriger als auf seinen letzten beiden Werken. 

Der neue Gitarrist Gus G. macht seine Arbeit grandios, bringt das nötige Feuer ein. Auch wenn Zakk Wylde stilistisch überall hervorlugt. Aber das ist egal bei dem hohen Spaßfaktor dieser Scheibe, die bei "Soul Sucker" die blecherne "Iron Man"-Stimme auspackt. Überall sind wieder die gelungenen Refrains, die man auf "No More Tears" so liebte. Woher Ozzy mit seinen 62 Lenzen die Power hernimmt und in seine Stimme auch eine gehörige Portion Variabilität neben seinen typischen Greinen reinpackt, kann sich nur medikamentös erklären. Oder der Mann ist einfach nur gut drauf. Ich glaube eher, das liegt am Produzenten Kevin Churko, der am Album mit geschrieben haben soll. Schon bei dem Vorgängeralbum "Black Rain" übte sich Churko bei zwei Stücken noch etwas unauffällig als Co-Songwriter. Jetzt scheint die Liaison gelungen.

Selbst bei "ruhigen" Stücken wie "Life Won't Wait" und "Crucify" kommt keine kitschige Feuerzeugschwenk-Stimmung auf. Im Gegenteil. In "Time" dürfen dann doch noch alle ihre Taschentücher auspacken. So schön kann Weinen mit Ozzy sein. Der Madman ist trotz seiner rotzig in Musik gegossenen Attacken ein Typ, der mit Alters- und Lebensweisheiten um sich wirft. Und er kann auch noch "düster". Das grantige Doomstück "Diggin' Me Down" ist so unglaublich heavy, dass so mancher Jungspund seine raus laufende Spucke vor Staunen zurück schniefen muss. Und überall sind auf "Scream" keine Ausfallerscheinungen in Sachen Songwriting erkennbar! Wunder geschehen doch noch! 

Irgendwie beschleicht mich gerade bei diesem Album, dass Ozzy sein bis dato persönlichstes Werk geschrieben hat und uns allen etwas auf den Weg geben will. Spätestens wenn er bei seinem letzten "Lied" liebevoll und zärtlich "I Love you All" sagt, scheint irgendwie Abschiedsstimmung auf zu kommen. Aber wie hat Ozzy schon vor zwanzig Jahren postuliert? "Retirement Sucks!" In diesem Sinn! Weitere sechzig Jahre werden es nicht, auch keine zwanzig oder zehn. Ozzy, wir haben auch dich lieb. Vor allem, wenn Du bei uns bist und bald auf Tour kommst. Falls nicht, dann ist "Scream" dein jugendliches Alterswerk. Voller Weisheit, Einfallsreichtum und all dem, was Ozzy-Fans an Ozzy lieben. Nämlich pures Entertainment."Scream" ist ein Knüller! Hut ab!

Album: Scream
VÖ. 18. Juni 2010
Label: Sony BMG