Mittwoch, 24. Februar 2010

Germanische Mythen und Metal: Black Sabbath - "Tyr"

Zähfließende Riffs, Lava-Klänge, pulsierend schleppender Bass. Die finstere Mischung aus Blues, schrubbenden Akkorden und klagender Gesang hat die Rockzene belebt. Fortan war Heavy Metal Bestandteil der Musik. Seit Black Sabbath und den Beginn der Siebziger. Flower Power ist nicht mehr.

Wilkommen in der Realität. Mit Ozzy hatte Black Sabbath einen Texter, der sich mit Umweltzerstörung, mit sich selbst und Kriegen beschäftigte. Doch nach dem Bruch mit dem charismatischen Sänger während der "Never Say Die"-Tour 1978 orientierte sich Black Sabbath neu um. 

Willkommen in den Achtzigern. Das hieß kommerzieller Hardrock, Mythen, Hexen und Teufel. Und Ronnie James Dio. Nur für zwei Alben lang. Gitarrist suchte nach dem Weggang von Dio neue Lösungen. Fand Ian Gillan von Deep Purple. "Born Again" war nichts. So musste Tony Martin ran. Bislang unbekannt, sang der Falsett-Sänger Alben wie "Eternol Idol", "Headless Cross", "Cross Purposes" und "Forbidden" ein. Und eben die germanische Mythen-Saga "Tyr". 

Das war 1990, mitten im Umbruch der Metalszene. Death Metal kam auf. Thrash Metal starb langsam ab. Es blubberten bunte Metalbands auf, die Jane's Addiction, Faith No More und Red Hot Chili Peppers heißen. Und irgendwie doch nicht Metal waren. Mitten drin im durcheinander gewürfelten Musikgelage, stellt sich "Tyr" breitbeinig hin und sagt: "Ich höre mich zwar nach schnödem Achtziger Hardrock an, schnulze mich mit 'Feels Good To Me' in die Hard Rock-Charts, habe einen ziemlich guten Sänger am Start, doch habe ich den Anspruch eine Art Konzept drumherum zu weben. Nämlich Walhalla aufzuleben, und die Kreuzzüge. denn Irgendwie waren ja die christianisierten Franken auch noch germanisch. Kriegerisch eben. Viele haben auch geschrieben, dass sogar die Gotik als Bau- und Kunststil irgendwie germanisch ist, die Kathedralen alten Thing-Plätzen nachempfunden waren. Warum soll ich nicht ein antiquiert klingendes Album darüber schreiben? Das Thema wurde bis jetzt fast gar nicht behandelt. Also erheben wir den Anspruch, die ersten zu sein. Auch wenn wir alles durcheinander werfen. All diese Pagan-Metal-Jungs bereiten im Prinzip unser Thema auf, nur mit schlechteren Texten und schlechterer Musik. Nicht solche erhabenen Kompositionen, wo Tonis Gitarre immer noch so brettert, wie zu 'Paranoid' und die Trommeln ordentlich rumpeln. Eben  wegen den leider bereits verstorbenen Cozy Powell, dem wahren 'Thor an den Trommeln'. Der andere von der Suppenkasper-Gruppe Manowar hat sowieso nichts drauf."

Sprachs und zieht hitverdächtige Granaten wie "Heaven In Black", "The Sabbath Stones", "Jerusalem" und "Feels Good To Me" aus der ledernen Tasche. Black Sabbath haben in den Achtzigern und neunzigern ihr von Ozzy geprägtes Stimmungsbild verloren, doch die Kompositionen sind gerade auf "Tyr" ausgereift und ohne Schnörkel auf den Punkt gebracht. Eigentlich ist Black Sabbath hier eine komplett andere Band, die mit "Tyr" eine beachtliche Aufwärtskurve in ihre gebrochene Geschichte vorweisen kann. Und Black Sabbath behandeln ein Thema völlig ohne Pathos und Verklärung. Hier erzählt Sänger Tony Martin viele kleine Geschichten um die Christianisierung und Kreuzzüge im Mittelalter. Ein wenig klingen die germanisch-heidnischen Wurzeln der Geschichten an. Doch hier wird keine Hasstirade auf jetzt lebende Priester abgelassen, oder Sauflieder feil geboten.

Erschienen: August 1990

Spielzeit: 39:58

Tracklist:

1. Anno Mundi
2. The Law Maker
3. Jerusalem
4. The Sabbath Stones
5. The Battle Of Tyr
6. Odin's Court
7. Valhalla
8. Feels Good To Me
9. Heaven In Black

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