Wer hat noch die Nintendo-Tandy-Spielekonsolen-Klänge seiner frühen Jugend im Ohr? Es gibt Gruppen, die diese Klänge in ihre Musik einbauen und das mit Metal, Klassik und Pop sowie Hardcore Punk vermischen. So gehört und gesehen am 20. November im Conne Island, als dort die "Imperial Never Say Die!"-Tour für ihren letzten Deutschlandaufenthalt stoppte.
Weil die Gruppen "Oceano", "The Ghost Inside" und "As Blood Runs Black" passable und solide Auftritte ablieferte, ihre Musik nicht ganz aus dem Metalcore-Sud heraussticht, habe ich sie einmal aus der folgenden Geschichte außen vor gelassen. Man muss nicht alles bewerten im Leben. Jedenfalls haben die Fans nicht mit den Füßen abgestimmt. Sie haben sich deren 5-Songs-Shows geduldig angeschaut, ab und an gemosht, gejubelt und gejohlt. Die Auftritte von "Iwrestledabearonce", "Horse The Band", "Architects und "Despised Icon" kamen Grenzerfahrungen außerhalb des üblichen Gesehenen erheblich näher. Aber lest selbst.
Eine bunt zusammen gewürfelte Truppe
Es war ein extremer Abend in jeder Hinsicht. Sowohl optisch als auch musikalisch. Zu den Gruppen, die alle Musikstile bunt zusammen würfeln, gehören an diesem ausverkauften Abend nur die amerikanischen Senkrechtstarter "Iwrestledabearonce" und "Horse The Band". Die anderen Gruppen spielen "Metalcore", ein brutaler Stilmix aus extremen Metal und Hardcore Punk. Wer sich jetzt wundert, wer all diesen Krawall aushält und anhört, wird noch mehr verwundert sein über den Altersdurchschnitt an diesem Abend: Vorwiegend Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren konsumieren diese zur Zeit angesagte Musik. Warum? Es ist nach Meinung vieler Anwesender die Mischung aus gesellschaftskritischen Texten, mit denen sie sich identifizieren, und der Musik. Hinzu kommt die Lebenseinstellung des Hardcore Punk, beziehungsweise ihrer Straight Edge - Bewegung. Ohne Alkohol und gegrilltes Fleisch lässt es sich auch feiern. Man nimmt keine Drogen, betreibt Sport und ist auf seine Lebensziele fokussiert. Trotzdem waren Grill und Bierstand hoch frequentiert.
An diesem Abend prangt auch an so manchem Fan der regenbogenfarbene Spruch "Metal just got gay", was soviel heißt, dass Heavy Metal angeblich nur die Schwulen abbekommen hatte. Eine kleine, doppeldeutige und nicht ganz politisch korrekt ausgedrückte Provokation der fünf Spaßvögel von "Iwrestledabearonce". Über diesen Inhalt lieferrn auch die schrägen Typen "Horse The Band" eine passende Erklärung. Metalfans sind für sie langhaarige junge Männer, die Gruppen mit langen Haaren, Schminke und körperbetonten Klamotten anhimmeln und zudem unbeweibt sind und waren. Heavy Metal als bloße Pose und Gaukelei. Denn welche Frau lässt sich auf zottelige, übel duftende und geschmacklos gekleidete Männer ein? Stattdessen sieht der Gast heute so genannte "Playmobil-Frisuren", die wegen ihres kantig stufigen Schnitts so in der Szene genannt werden und bei Mann und Frau gleich beliebt sind. Handtäschlein tragende, mit jeder Menge Goldimitat beklebte und behängte sowie übergeschminkte Damen nutzen das proppevolle Konzert als Laufsteg. Hier geht der Geschmack auch seine ganz eigenen Wege.
Die, die mit dem Bären rangen
Was passiert, wenn Pop, Metal und Karnevalkostüm zur künstlerischen Aussage werden? Es verkauft sich. Die amerikanischen Crossover-Newcomer "Iwrestledabearonce" stellen mit ihrer zierlichen Frontfrau Krysta Cameron unter Beweis, was nicht bei Metal, aber in der Kunstszene denkbar ist: eine brüllende und kreischende Frau, die im plüschigen Furby-Kostüm auf der Bühne wie eine Furie durchdreht sowie gleichzeitig mit ihrer glasklaren und fragilen Singstimme in die Pop-Sparte passen würde. Mit der um einige Härtegrade aufgemotzten Boxer-Hymne "The Final Countdown" der schwedischen Hardrocker "Europe" steigen die kreisch- und springfreudigen Amis ein.
Die zappelige Band macht mit ihrem umjubelten Auftritt die Ansage, dass sie sich um eine stilistische Einordnung ihrer Musik keinen Hehl machen. Auf ihrem bei Century Media erschienenem Debüt "It's all happening" quirlen sie auf wüste Art und Weise Elektro, Ambient, Metal, Hardcore Punk, Country, Jazz, Folk und avantgardistische Klänge, wie man sie von Björk und ähnliches kennt, zu einer für manchen unerträglich klingenden Soße zusammen. Die Fans feiern die junge Band als wären sie an diesem Abend Superstars. Sind Stücke wie "Taste Like Kevin Bacon" und "You Ain't No Family" quietschfidele Ergebnisse einer von ständigen Infos überreizten Internetgeneration?
Kann Geschmack Sünde sein?
Unangepasst sind auch "Horse The Band". Erst unlängst haben die "Nintendo-Core" spielenden Männer aus den USA mit "Desperate Living" ein Monument dieser neu aufkommenden Musikrichtung veröffentlicht. Klingt wie ein Computerspiel-Klang des ersten Atari-Rechners, auf dem Papis wütender Spross herum hämmert und dabei zornig schnauft. Auf der Bühne zeigen sich die fünf Herren ganz im Stile von Siebziger Jahre Dandy-Boys. Oder frisch aus Bud Spencer-Filmen entstiegenen Gangstern. Mit Pop mutiert Heavy Metal. Pelzmantel, Tapetenblümchenmuster auf dem aufgeknöpften Hemd und extremes Zusammenfallen von Mut und Hässlichkeit sind seh- und hörbare Merkmale ihrer Musik. Bei ihrem Auftritt kollabiert der herkömmliche Geschmackssinn. Gründe sind die optischen und musikalischen Reizüberflutungen, die diese Gruppe auf ihre Fans ergießt. Bewusst gegen den Strich bürsten "Horse The Band" Achtziger Pop, Computerspiele-Sounds, Metal und Hardcore-Punk in einer wüsten, fast schon unzugänglichen Mischung. Dafür werden die nun bereits halb nackten Herren gefeiert. An den zur Bühne brandenden Körpern und zum Sänger Nathan Winneke strebenden Armen sieht man den Enthusiasmus bei den Gästen. Während des langsam entgleisenden Auftritts springen auch permanent Fans von der Bühne in die brodelnde Menschenmenge um auf Händen getragen durch den Club zu "surfen". Ende vom Lied ist eine erschöpfte, aber glückliche Band.
Wir brauchen Bass
Dieses Bild setzt sich bei den Briten von "Architects" fort. Charakteristik dieser Gruppe: In jedem Lied verwenden sie Sub-Bässe, die dem Big Beat nicht ganz unähnlich sind. Durch das gleichzeitige Anschlagen der Bassdrum und mit der Hand entlang streichen am Gitarrenhals der Bassgitarre wird so ein Schockwellen artiges Beben erzeugt. Man möchte meinen, "Architects" sinnen eher auf den Abriss von Gebäuden als auf deren Aufbau. So pumpen die Tempowechsel besonders intensiv in die Mägen der Gäste, die das sichtlich genießen. Der permanent brüllende Frontmann Sam Carter freut sich über die Reaktionen der Fans und lässt sie auch vor der Bühne im Kreis rennen, während unzählige Jugendliche auf die ohnehin schon übervolle Bühne klettern, um von ebenjener auf die Hände der hin und her wogenden Masse zu springen. Das machen sie, weil die "Crowdsurfer" durch den überhitzten Club getragen werden wollen. Pro Lied sind so mindestens zehn dieser jungen Frauen und Männer unterwegs um alle Ecken des Conne Island auszukundschaften. An ihren Freude strahlenden Gesichtern ist ablesbar, wie euphorisch sie dabei sind. Zu diesem Zeitpunkt erreicht das Konzert seinen Siedepunkt. Gerade weil die englischen Architekten innerhalb eines Jahres viermal in Leipzig und auf dem With Full Force auftraten?
Goldig rappen tun die anderen
Ist Sport Mord? Langsam entwickelt sich das Konzert zum sportlichen Happening mit hohem Spaßfaktor. Die ebenfalls sehr tolerant klingenden Deathcore-Hip Hopper von "Despised Icon" muten gegenüber den vorher spielenden Bands sehr konventionell an. "Despised Icon" haben aber mit dem Hip Hop als Stilmittel wenig zu tun, sie kleiden sich nur wie Rapper. Ab jetzt bestimmen schräg aufgesetzte Baseballmützen, goldene Ketten und quietschbunte T-Shirts die Szenerie. Zwei Frontmänner grunzen und quieken Problembewältigungen aus dem Alltag in die kochende Menge vor der Bühne. Mit den für Hip Hopper typischen Handbewegungen feuern die beiden ihre tobenden Fans zum Hüpfen an. Auch hier bricht die Stimmung aus und äußert sich in umher springende und surfende Fans, die mittlerweile verschwitzt und durchnässt sind. Eigentlich gelten "Despised Icon" mit ihrem verschachtelten Stilmix aus Death Metal und Hardcore Punk nicht als würdiger Headliner. Eine bekanntere Band wie es im letzten Jahr "Parkway Drive" oder "Unearth" waren, hat man dieses Jahr nicht gefunden. Den Fans störte das nicht, so dass sie den Abschlussauftritt der "Imperial Never Say Die!" - Tour in Deutschland ausgiebig feierten. Danach geht es nach Belgien, wo die Tournee am 21. November ihren endgültigen Abschluss findet.
Das heutige Beispiel zeigt, wie extrem Rockmusik geworden ist. Wo Szene-Außenseiter hier bereits ihre Geschmacksgrenzen ausloten, feiern die Kids den Soundtrack ihres Lebens. Früher war es "Happy Nation" der schwedischen Kleister-Popper von "Ace Of Base" oder ein Stück von U2, heute braucht es ganz andere Kaliber. Dass Toleranz ganz im Sinne der geschlechtlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau praktiziert wird, zeigen Beispiele wie die Sängerin Krysta Cameron, aber auch die Gitarristin der ebenfalls an diesem Abend aufgetretenen Metalcore-Gruppe "As Blood Runs Black" und eben die zahlreichen aufgetakelten, aber auch durch natürliche Schönheit glänzenden Frauen im Publikum. Dass auch Männer an diesem Abend Mut zur Buntheit und Farbe hatten, bewiesen die manchmal ziemlich abenteuerlich zusammen gestellten Outfits, die so mancher als "Schriller als in den Achtzigern" kommentierte.
Fotos von Philipp Halling
Höreindrücke und Infos zu den Gruppen Horse The Band, iwrestledabearonce, Architects und Despised Icon gibt es auf ihren offiziellen Webseiten. Auf Youtube gibt es auch Eindrücke von iwrestledabearonce ihrer aktuellen Tour. Videoclips von "iwrestledabearonce" sind auch auf Youtube.
Weil die Gruppen "Oceano", "The Ghost Inside" und "As Blood Runs Black" passable und solide Auftritte ablieferte, ihre Musik nicht ganz aus dem Metalcore-Sud heraussticht, habe ich sie einmal aus der folgenden Geschichte außen vor gelassen. Man muss nicht alles bewerten im Leben. Jedenfalls haben die Fans nicht mit den Füßen abgestimmt. Sie haben sich deren 5-Songs-Shows geduldig angeschaut, ab und an gemosht, gejubelt und gejohlt. Die Auftritte von "Iwrestledabearonce", "Horse The Band", "Architects und "Despised Icon" kamen Grenzerfahrungen außerhalb des üblichen Gesehenen erheblich näher. Aber lest selbst.
Eine bunt zusammen gewürfelte Truppe
Es war ein extremer Abend in jeder Hinsicht. Sowohl optisch als auch musikalisch. Zu den Gruppen, die alle Musikstile bunt zusammen würfeln, gehören an diesem ausverkauften Abend nur die amerikanischen Senkrechtstarter "Iwrestledabearonce" und "Horse The Band". Die anderen Gruppen spielen "Metalcore", ein brutaler Stilmix aus extremen Metal und Hardcore Punk. Wer sich jetzt wundert, wer all diesen Krawall aushält und anhört, wird noch mehr verwundert sein über den Altersdurchschnitt an diesem Abend: Vorwiegend Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren konsumieren diese zur Zeit angesagte Musik. Warum? Es ist nach Meinung vieler Anwesender die Mischung aus gesellschaftskritischen Texten, mit denen sie sich identifizieren, und der Musik. Hinzu kommt die Lebenseinstellung des Hardcore Punk, beziehungsweise ihrer Straight Edge - Bewegung. Ohne Alkohol und gegrilltes Fleisch lässt es sich auch feiern. Man nimmt keine Drogen, betreibt Sport und ist auf seine Lebensziele fokussiert. Trotzdem waren Grill und Bierstand hoch frequentiert.
An diesem Abend prangt auch an so manchem Fan der regenbogenfarbene Spruch "Metal just got gay", was soviel heißt, dass Heavy Metal angeblich nur die Schwulen abbekommen hatte. Eine kleine, doppeldeutige und nicht ganz politisch korrekt ausgedrückte Provokation der fünf Spaßvögel von "Iwrestledabearonce". Über diesen Inhalt lieferrn auch die schrägen Typen "Horse The Band" eine passende Erklärung. Metalfans sind für sie langhaarige junge Männer, die Gruppen mit langen Haaren, Schminke und körperbetonten Klamotten anhimmeln und zudem unbeweibt sind und waren. Heavy Metal als bloße Pose und Gaukelei. Denn welche Frau lässt sich auf zottelige, übel duftende und geschmacklos gekleidete Männer ein? Stattdessen sieht der Gast heute so genannte "Playmobil-Frisuren", die wegen ihres kantig stufigen Schnitts so in der Szene genannt werden und bei Mann und Frau gleich beliebt sind. Handtäschlein tragende, mit jeder Menge Goldimitat beklebte und behängte sowie übergeschminkte Damen nutzen das proppevolle Konzert als Laufsteg. Hier geht der Geschmack auch seine ganz eigenen Wege.
Die, die mit dem Bären rangen
Was passiert, wenn Pop, Metal und Karnevalkostüm zur künstlerischen Aussage werden? Es verkauft sich. Die amerikanischen Crossover-Newcomer "Iwrestledabearonce" stellen mit ihrer zierlichen Frontfrau Krysta Cameron unter Beweis, was nicht bei Metal, aber in der Kunstszene denkbar ist: eine brüllende und kreischende Frau, die im plüschigen Furby-Kostüm auf der Bühne wie eine Furie durchdreht sowie gleichzeitig mit ihrer glasklaren und fragilen Singstimme in die Pop-Sparte passen würde. Mit der um einige Härtegrade aufgemotzten Boxer-Hymne "The Final Countdown" der schwedischen Hardrocker "Europe" steigen die kreisch- und springfreudigen Amis ein.
Die zappelige Band macht mit ihrem umjubelten Auftritt die Ansage, dass sie sich um eine stilistische Einordnung ihrer Musik keinen Hehl machen. Auf ihrem bei Century Media erschienenem Debüt "It's all happening" quirlen sie auf wüste Art und Weise Elektro, Ambient, Metal, Hardcore Punk, Country, Jazz, Folk und avantgardistische Klänge, wie man sie von Björk und ähnliches kennt, zu einer für manchen unerträglich klingenden Soße zusammen. Die Fans feiern die junge Band als wären sie an diesem Abend Superstars. Sind Stücke wie "Taste Like Kevin Bacon" und "You Ain't No Family" quietschfidele Ergebnisse einer von ständigen Infos überreizten Internetgeneration?
Kann Geschmack Sünde sein?
Unangepasst sind auch "Horse The Band". Erst unlängst haben die "Nintendo-Core" spielenden Männer aus den USA mit "Desperate Living" ein Monument dieser neu aufkommenden Musikrichtung veröffentlicht. Klingt wie ein Computerspiel-Klang des ersten Atari-Rechners, auf dem Papis wütender Spross herum hämmert und dabei zornig schnauft. Auf der Bühne zeigen sich die fünf Herren ganz im Stile von Siebziger Jahre Dandy-Boys. Oder frisch aus Bud Spencer-Filmen entstiegenen Gangstern. Mit Pop mutiert Heavy Metal. Pelzmantel, Tapetenblümchenmuster auf dem aufgeknöpften Hemd und extremes Zusammenfallen von Mut und Hässlichkeit sind seh- und hörbare Merkmale ihrer Musik. Bei ihrem Auftritt kollabiert der herkömmliche Geschmackssinn. Gründe sind die optischen und musikalischen Reizüberflutungen, die diese Gruppe auf ihre Fans ergießt. Bewusst gegen den Strich bürsten "Horse The Band" Achtziger Pop, Computerspiele-Sounds, Metal und Hardcore-Punk in einer wüsten, fast schon unzugänglichen Mischung. Dafür werden die nun bereits halb nackten Herren gefeiert. An den zur Bühne brandenden Körpern und zum Sänger Nathan Winneke strebenden Armen sieht man den Enthusiasmus bei den Gästen. Während des langsam entgleisenden Auftritts springen auch permanent Fans von der Bühne in die brodelnde Menschenmenge um auf Händen getragen durch den Club zu "surfen". Ende vom Lied ist eine erschöpfte, aber glückliche Band.
Wir brauchen Bass
Dieses Bild setzt sich bei den Briten von "Architects" fort. Charakteristik dieser Gruppe: In jedem Lied verwenden sie Sub-Bässe, die dem Big Beat nicht ganz unähnlich sind. Durch das gleichzeitige Anschlagen der Bassdrum und mit der Hand entlang streichen am Gitarrenhals der Bassgitarre wird so ein Schockwellen artiges Beben erzeugt. Man möchte meinen, "Architects" sinnen eher auf den Abriss von Gebäuden als auf deren Aufbau. So pumpen die Tempowechsel besonders intensiv in die Mägen der Gäste, die das sichtlich genießen. Der permanent brüllende Frontmann Sam Carter freut sich über die Reaktionen der Fans und lässt sie auch vor der Bühne im Kreis rennen, während unzählige Jugendliche auf die ohnehin schon übervolle Bühne klettern, um von ebenjener auf die Hände der hin und her wogenden Masse zu springen. Das machen sie, weil die "Crowdsurfer" durch den überhitzten Club getragen werden wollen. Pro Lied sind so mindestens zehn dieser jungen Frauen und Männer unterwegs um alle Ecken des Conne Island auszukundschaften. An ihren Freude strahlenden Gesichtern ist ablesbar, wie euphorisch sie dabei sind. Zu diesem Zeitpunkt erreicht das Konzert seinen Siedepunkt. Gerade weil die englischen Architekten innerhalb eines Jahres viermal in Leipzig und auf dem With Full Force auftraten?
Goldig rappen tun die anderen
Ist Sport Mord? Langsam entwickelt sich das Konzert zum sportlichen Happening mit hohem Spaßfaktor. Die ebenfalls sehr tolerant klingenden Deathcore-Hip Hopper von "Despised Icon" muten gegenüber den vorher spielenden Bands sehr konventionell an. "Despised Icon" haben aber mit dem Hip Hop als Stilmittel wenig zu tun, sie kleiden sich nur wie Rapper. Ab jetzt bestimmen schräg aufgesetzte Baseballmützen, goldene Ketten und quietschbunte T-Shirts die Szenerie. Zwei Frontmänner grunzen und quieken Problembewältigungen aus dem Alltag in die kochende Menge vor der Bühne. Mit den für Hip Hopper typischen Handbewegungen feuern die beiden ihre tobenden Fans zum Hüpfen an. Auch hier bricht die Stimmung aus und äußert sich in umher springende und surfende Fans, die mittlerweile verschwitzt und durchnässt sind. Eigentlich gelten "Despised Icon" mit ihrem verschachtelten Stilmix aus Death Metal und Hardcore Punk nicht als würdiger Headliner. Eine bekanntere Band wie es im letzten Jahr "Parkway Drive" oder "Unearth" waren, hat man dieses Jahr nicht gefunden. Den Fans störte das nicht, so dass sie den Abschlussauftritt der "Imperial Never Say Die!" - Tour in Deutschland ausgiebig feierten. Danach geht es nach Belgien, wo die Tournee am 21. November ihren endgültigen Abschluss findet.
Das heutige Beispiel zeigt, wie extrem Rockmusik geworden ist. Wo Szene-Außenseiter hier bereits ihre Geschmacksgrenzen ausloten, feiern die Kids den Soundtrack ihres Lebens. Früher war es "Happy Nation" der schwedischen Kleister-Popper von "Ace Of Base" oder ein Stück von U2, heute braucht es ganz andere Kaliber. Dass Toleranz ganz im Sinne der geschlechtlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau praktiziert wird, zeigen Beispiele wie die Sängerin Krysta Cameron, aber auch die Gitarristin der ebenfalls an diesem Abend aufgetretenen Metalcore-Gruppe "As Blood Runs Black" und eben die zahlreichen aufgetakelten, aber auch durch natürliche Schönheit glänzenden Frauen im Publikum. Dass auch Männer an diesem Abend Mut zur Buntheit und Farbe hatten, bewiesen die manchmal ziemlich abenteuerlich zusammen gestellten Outfits, die so mancher als "Schriller als in den Achtzigern" kommentierte.
Fotos von Philipp Halling
Höreindrücke und Infos zu den Gruppen Horse The Band, iwrestledabearonce, Architects und Despised Icon gibt es auf ihren offiziellen Webseiten. Auf Youtube gibt es auch Eindrücke von iwrestledabearonce ihrer aktuellen Tour. Videoclips von "iwrestledabearonce" sind auch auf Youtube.