Samstag, 31. Oktober 2009

Portrait Of Tracy : Kein totes Planschbecken in der Moritzbastei


Es ist wohl eine kleine Überraschung gewesen für die Anwesenden am Deadpool-Abend am 30. Oktober, dass ausgerechnet die Leipziger von "Portait Of Tracy" die stärkste Show an diesem Abend bieten würden. Dagegen muten die hünenhaften Dänen von "Destroyerboy" routiniert und Polens Nachschlag in Sachen Death Metal "Faust Again" eher ausgelaugt. Weil "Zero Mentality" recht spät auftraten und ich keine Lust mehr hatte, kann ich nichts zu ihrem Auftritt sagen. Doch wer kann die sagenhaft bewegliche Präsenz von "Locust Reign"-Fronter und jetziger Sänger von "Portrait Of Tracy", Ozzy, noch toppen? 



Es rappelt im Karton. Bühnenausdauerlauf mit Wandbesprung und wilden Sätzen in die leeren vorderen Reihen, die zu einem breiten Fotograben mutierten. Ozzy würde sich selbst auf der großen With Full Force-Bühne stoßen, weil sie ihm zu klein ist. Dabei verfehlt er weder seine Gesangseinsätze, noch das Mikro, dass er schwingend gegen Kopf und Boden ballert. Multitasking ist auch bei Männern möglich, wenn Ozzy scheinbar gleichzeitig rotzt, springt und brüllt. Zu schnell für jede Kameralinse bringt Ozzy auch eine nötige Portion Kraft und Ausdruck in "Portrait Of Tracy" hinein. Ihre Songs haben trotz der technischen Finesse der überragenden "Protest The Hero" eine umwerfende Dynamik und etwas Organisches, die sogar kleine Hits durchschimmern lassen. Die weit ausholende Performance von Ozzy unterstreicht eher die Musik als dass sie diese (zer)stört. Das denken auch die Fans in Leipzig, aber die Reaktionen in Goslar müssen überwältigend gewesen sein. Wenn es nach der Band geht, will sie so schnell wie möglich mit ihren neuen Frontmann zwei neue Songs für Myspace aufnehmen und unentwegt spielen. 



Bewährungsprobe für die Hoffnung aus dem Leipziger Metal-Moloch? Neben "Myra" und "Arranged Chaos" können sich "Portrait Of Tracy" mit dem stimm- und sprunggewaltigen Wunder von der Pleiße tatsächlich im Underground einen größeren Namen machen als man bisher hatte. Weg von der Kopfstimme, hin zur brachialen Ausdruckskraft des Aggro Metal Kick Ass Core. Konzentriert wie ein Tiger auf der Lauer,  mit "Portrait Of Tracy" muss man ab jetzt rechnen!


Portrait Of Tracy im Netz

Donnerstag, 29. Oktober 2009

Punkrock-Nacht in Leipzig: Eastpak-Antidote-Tour räumte ab




Punkrock ist irgendwie ein Phänomen. Mitten in der Woche tingelt eine Tournee mit vier Punkrock-Gruppen durch Leipzig und das Werk II ist voll. Wo andere Veranstalter wegen sinkender Zuschauerzahlen um ihre Existenz zittern, klingelte am 27. Oktober im Werk II die Kasse.


Schon vor der Einlasszeit um halb acht stand eine beachtliche Menge von Fans vor der Halle A. Zwar verliert sich die Menschenmenge in den tiefen Weiten der Veranstaltungshalle, aber es rücken kontinuierlich neue Fans nach. So dass schätzungsweise um die 600 Menschen ihr Konzert mit den vier Gruppen genießen. So soll es nach Aussage eines Tourtross-Mitarbeiters auch in Berlin gewesen sein. Ein Fan aus Schleiz freut sich auf „Alexisonfire“, „Die Band hat es einfach drauf“, sagt begeistert der junge Mann. Doch als er erfährt, dass er „The Ghost Of A Thousand“ und „Four Year Strong“ verpasst hat, war er überrascht aber nicht verstimmt, „Wann ging das hier los?“, fragt er. Für ihn war 19:30 Uhr definitiv zu früh und mutmaßte, „Da haben die mit der Show richtig pünktlich angefangen“.


Da hat er was verpasst, denn der Sänger von „Four Year Strong“ sprang mitten in der Show in die Menge und brüllte umringt von pogenden Fans zwei ganze Lieder. Auch bei dem Rest ihrer Show kletterte er auf den Absperrungen herum und animierte die Fans zu einer zaghaften „Wall Of Death“. Hier stehen sich zwei Menschengruppen gegenüber, die dann auf Zeichen der Band wartend aufeinander zu rennen und wild mit Armen und Beinen um sich schlagen. Pogen eben. Auch der Bassist von „Four Year Strong“ machte es seinem Sänger nach und sprang vom Schlagzeug in die Luft und landete sicher auf seinen Füßen.


Nach unserer Unterhaltung verschwindet der junge Fan aus Schleiz mit seinen Freunden in der wartenden und stehenden Menge, weil „Alexisonfire“ mit ihrem Auftritt beginnen. Bei ihrem Konzert werden sowohl die recht brachialen frühen Stücke gefeiert, aber auch die neuen Lieder ihres erfolgreichen und fast schon Hit verdächtigen Albums „Old Crows Young Cardinals“.





Auch die Headliner „Antiflag“ räumen allen Anschein gehörig ab. Fans aus Dresden rufen begeistert, „Das Konzert ist richtig toll!“, und schwenken ihre Arme zu Hits wie das mitreißende „War Sucks“ in der Luft. „Antiflag“ spielen seit 20 Jahren Polit-Punk. Das beweist auch die schwarze Hintergrundbeflaggung, die als Backdrop dient. Darauf ist ein aus zerbrochenen Maschinengewehren bestehender weißer Stern abgebildet. Leadsänger Justin Sane ruft in die Menge „Leipzig is great“. Die Menge johlt. Den Fans gefällt die ihren Vorstellungen nach mitreißende Show, doch man sieht außer Gucken und Klatschen keine großen Regungen. Das ist ungewöhnlich. So verkommt das Konzert zu einer großen Stehparty, bei der es keinen Unterschied gemacht hätte, ob vorne eine DVD abgespielt wird oder sich eine Band verausgabt. Doch es gibt auch weitere Fragen an die Tour. Zwar handelt es sich bei den Bands um handwerklich gute Gruppen. Doch wegen der stilistischen Ähnlichkeiten fragt sich der Außenseiter, „Wer ist das? Wer spielt jetzt?“. Dafür bekommen alle Gruppen eine ausreichende und faire Spielzeit. Der Reiz des Unbekannten verfliegt aber nach drei vier Songs. Bei „The Ghost And The Thousand“, fragen sich manche, warum sie zwei Sänger haben, wenn sie die selbe Stimmlage besitzen und warum sieht der Schlagzeuger von „Four Year Strong“ aus wie Willy DeVille?


Den Fans kümmert es nicht, auch der thüringische Fan fragt sich nicht, warum er für zwei Bands den vollen Eintrittspreis bezahlt hat. Er findet eben auch „Alles toll!“.


Fotos von Philipp Halling


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Alles nur ein Traum? Haste The Day weben Album


Ehrlich gesagt; bis vor knapp einem halben Jahr kannte ich diese Band noch gar nicht. Scheinbar ist sie wichtig genug für die Metalcore-Szene. Und zugegebenermaßen erschließt sich mir nicht ganz die Wichtigkeit dieser Truppe. Sind es die sehr glatt komponierten Tracks, oder das sehr professionell umgesetzte Klanggebäude, die zu meinem Vorurteil führen?


Vorurteil ist das richtige Wort, das die träumerisch schwelgende Musik mit Vielseitigkeit und auch Härte ausräumt. Beim Hören stellt sich nämlich heraus, dass "Haste The Day" fast schon durch ihre Songs schweben, trotz der schroffen Ausflüge wie bei "Porcelain". Dennoch gelingt es ihnen sogar bei den düstersten Stücken, immer wieder ein fein gewobenes Gespinst im Kopf aufzubauen. Und langsam legt sich auch ein grauer Schleier aufs Gemüt, der hin und wieder seufzend auseinander reißt. Ein Stück wie "Autuumn" stellt noch mal akustisch klar, dass hier echte Songwriter am Start sind, die völlig ohne Kitsch echte Gefühle transportieren und sich einen Dreck um Musiksparten scheren. 


Wer immer noch denkt, Metalcore ist eine kaltfühlige Cashmaschine, hat dieses Album noch nicht gehört. "Haste The Day" nehmen einen auf eine in sich gekehrte Reise, raus aus der oberflächlichen Partyfassade, rein in die Einsamkeit eines Mannes, der sich nicht verstanden fühlt. 

Mittwoch, 28. Oktober 2009

In Blut getunkt: Slayer veröffentlichen neues Album



Ich habe auch nur die Diskussion im Vorfeld der Albumveröffentlichung von "World Painted Blood" in Foren und nun auf Youtube verfolgt, wo ich gerade eben jenes neues Lebenszeichen der umstrittensten Metalband höre. Nun ihr neues Album als CD genieße. Wie sich schon Megadeth bei "Endgame" auf ihre alten Stärken besinnen und trotzdem modern sind, so scheinen auch Slayer ihren mit "Christ Illusion" eingeschlagenen Weg weiter zu verfolgen.


"World Painted Blood" ist eine weitere Offenbarung für all jene, die Slayer nach ihren Hardcore lastigen Ausflügen abgeschrieben hatten. Wer Alben wie "Seasons In The Abyss", "Reign In Blood" und "South Of Heaven" liebt, wird hier nicht nur Gefallen daran finden, sondern auch auf seine Knie sinken. Die aberwitzigen Soli sind wieder da, die treibenden Riffs und ein infernalisch schreiender Tom Araya.


Slayer gelingt etwas, das Metallica immer verwehrt bleiben wird. Nämlich glaubhaft wieder zu ihren Wurzeln zurück zu finden, ohne dass man ihnen die Experimente der Jahre um 2000 übel nehmen könnte. Im Gegenteil, jetzt bekomme auch ich Lust, mir das neue Album zu kaufen. Und die Alben, die ich noch nicht besaß nachzukaufen. "World Painted Blood" klingt aus einem Guss, ist authentisch und verbreitet die nur für Slayer typische Aura aus Gift und Galle sowie einer massiven Ausstrahlung, die ich nur von ihren Werken aus den Achtzigern und frühen Neunzigern kenne.